Der Mythos spitzer Ecken und Kanten im Feng Shui - Milchmädchen trifft auf Alcazar

Spitze Ecken und Kanten werden in der asiatischen Lehre des Feng Shui als angreifend bezeichnet, da hier laut Definition "energetische Pfeile" erzeugt werden die ein sogenanntes Sha-Chi erzeugen. Das "Chi" wird hier als die universelle Lebensenergie bezeichnet, die möglichst harmonisch und balanciert fliessen sollte. Sha-Chi bezeichnet die Wirkung von entweder zu schnell fliessender Energie, wie diese auch auf langen und leeren Fluren oder Autobahnen vorkommt oder aber einen stagnierenden Zustand, wenn es beispielsweise zu Blockaden kommt, wie in "zu voll" gestellten und überfüllten Räumen.


Als ein besonders prägnatnes Beispiel für "scharfe Kanten" in der Architektur, das mir schon seit einigen Jahren aufgefallen ist, möchte ich hier etwas über eine Situation zweier gegenüberliegender Lokalitäten schreiben. Zwei Gastronomiebetriebe, das "Alcazar" und das "Milchmädchen". Standort belgisches Viertel in Köln. Das Alcazar, das nun schon seit einigen Jahren erfolgreich besteht, zählt zu den Top-Adressen in der gastronomischen Umgebung. Stets gut besucht wird hier oft bis in die Morgenstunden abgefeiert...nachdem man sich zuvor kulinarischen Gelüsten hingegeben hat. Das Essen ist hier ganz hervorragend.
Auf der gegenüberliegenden Seite besteht eine "Über-Eck" Lokalität, die in den vergangenen Jahren immer wieder neu genutzt wurde, als Cafe-Bar, Ladenlokal für Kleidung oder als Raum für Veranstaltungen.
Ich fragte mich, warum dort die Pächter so oft wechselten und sich dort scheinbar nicht halten konnten. Natürlich stellen in erster Linie der allgemeine Standort und ein stimmiges Geschäftskonzept einschliesslich der optischen Austrahlung einen wesentlichen Aspekt dar, um Kunden und Besucher anzuziehen. Welchen Einfluss nehmen aber Faktoren, die in unmittelbarer Umgebung herrschen und auf die wir keinen direkten Einfluss haben?
Wie beispielsweise Faktoren der Architektursprache von Gebäuden, dessen Aussagen und optische Wirkungsweisen?

Das "Alcazar". Wie ein riesiger spitzer Bug eines Schiffes wirkt die Gebäudekante auf die unmittelbare Umgebung. Besonders betonen dies die auskragenden Balkonelemente, die durch die Materialien Stahl und Blech noch zudem einen "harten" Charakter aufweisen.

Im Allgemeinen ist der Standort sehr gut sichtbar und sehr werbewirksam, wobei der Eingang zum Schutz noch ein paar Grünpflanzen gebrauchen könnte, die im Sommer die vorhandene beidseitige Begrünung der Fassade durch Weinranken und Spalier-Obst ergänzen und somit eine gewisse Natürlichkeit, Geborgenheit und einen einladenden Charakter betonen. Alcazar: Ein feuriger Name mit einer "männlichen" Note. Nicht zuletzt die Nr.1 in der Gegend, um neue Kontinente zu erobern. :-).

Das "Milchmädchen" gegenüber. Hier wird im linken Bild deutlich, wie die spitzen Enden der Balkone auf das Gebäude zeigen. Die Lokalität gibt es seit ca. einem Jahr. Die Fensterfronten, die sich in idealer Weise zu drei Seiten öffnen, wurden bei der Renovierung vollständig durch wesentlich stabilere Rahmen neu ersetzt. Das Konzept im Innenraum ist sorgfältig aufeinander abgestimmt. So findet man hier neben einem hellen Creme-Weiss, ein erweiterndes und wohltuendes Himmelblau, das einen sehr schönen Kontrast zu den natürlichen Holztönen bietet, die Behaglichkeit ausstrahlen. Ein besonderes Plus ist die begehrte direkte Sonneneinstrahlung, die hier von 9:00-16:00 Uhr möglich ist.

Der Name "Milchmädchen" assoziiert eine süsse ländliche Eigenschaft und erinnert an idyllische Urlaubstage vergangener Zeiten. Der Name ist weich, kindlich und unschuldig und verspricht Frische, Qualität und Reinheit, weil die Milch ja direkt vom Bauern kommt. Sehr schön für eine serviceorientierte Cafe-Bar.

Vom Retro-Logo bis zum Keramikbrettchen - ein stimmiges Konzept. Foto: prinz.de, milchmädchen.de

Was hat es aber nun auf sich mit den vermeintlichen spitzen Pfeilen, die vom feurigen Krieger auf die sanfte Unschuld vom Lande geschossen werden? Welchen Einfluss hat das tatsächlich auf die Geschäftsbetriebe?


Aufgrund der Informationen beider Geschäftsführer der Lokalitäten erfreuen sich beide reger Kundschaft. 
Das Verhältnis untereinander ist ebenfalls sehr gut. Überraschend, da man doch die sehr prägnant scharfe und spitze Geste des Alcazar, die vom Gebäude ausgeht, als angreifend interpretieren kann. Psychologische Interpretation oder tatsächliche "energetische Pfeile" ? Ich denke oder nehme dies zumindest so wahr, dass solche Architekturformen ihren Einfluss haben. In wie weit angreifende Spitzen ihre "schwächende" Wirkung auf das Gegenüber zeigen,
hängt wohl  auch von der eigenen Stabilität ab, die im übertragenen Sinn ein gut funktionierendes und stabiles Geschäftskonzept ausmachen.
Das Milchmädchen besitzt ein solches Konzept, vom Angebot und Service und auch von der Gestaltung her. 
Die Fensterrahmen wurden beispielsweise deutlich verstärkt und eine repräsentative Servicetheke, fördern einen stabilen Eindruck für den gesamten Raum und somit auch für das Geschäft. Insgesamt ist das Farb- und Materialkonzept Himmelblau, Weiss und Naturholz in Kombination mit einer wohnlichen Strukturtapete und die räumliche Gestaltung des Mobiliars für meine Begriffe sehr gelungen. 
Am liebsten hält man sich aber bei Sonnenschein im Freien auf. Hier ist, wie schon erwähnt das besondere Plus eine Sonneneinstrahlung - bei schönem Wetter - von 9:00-16:00 Uhr!
Hier würde ich zum "Schutz", allein wegen des Strassenverkehrs, soweit dies von der Stadt genehmigt wird, grosse Pflanzentöpfe mit üppigem Grün installieren.


Dies könnte dann so aussehen:

Das Personal berichtete mir, dass im Aussenbereich auf der Seite, wo in direkter Flucht die Linie der gegenüberliegenden Spitze zeigt, sich in der Regel weniger Besucher aufhalten, als auf der anderen Seite. Ich habe mich einmal dort hingestellt und auf mich wirkte die Spitze etwas unangenehm. Das ist sicher auch eine Sache der eigenen Wahrnehmung. Probieren Sie einfach mal mit einem Partner der Ihnen gegenüber mit dem Finger auf Sie zeigt die Wirkung aus. Ist es die Geste oder fliesst da tatsächlich etwas? Und halten Sie dann eine Blume zwischen rein.
Vielleicht gibt es da einen Unterschied. Spitzfindig? Vielleicht. Aber so funktioniert Kommunikation. Subtil oder direkt.


Nach meiner Erfahrung mit Kunden gab es Konflikte mit den Nachbarn, wo entweder Gebäude zu dicht aufeinander standen oder Gebäudekanten direkt auf Eingänge der gegenüberliegenden Gebäude zeigten. In diesem Fall, den ich zu den auffälligsten zähle, die ich bisher gesehen habe, scheint es - zumindest in der Stärke - nicht die angreifenden Energien zu geben, die ich vermutet hatte. 
Vielleicht hat das "Milchmädchen" ja den Krieger "Alcazar" so betört, dass er "Liebespfeile" versendet. ;-).